Warum radelt man immer gegen den Wind und warum ist das so anstrengend

Um mich vom Ärger über den Gegenwind etwas abzulenken, habe ich unterwegs darüber nachgedacht, warum er so nervig ist. Als erstes fällt auf, dass es viel mehr Gegenwind als Rückenwind gibt. Das liegt im Vorwärtsfahren begründet, so fühlt sich auch Wind von der Seite wie Gegenwind an. Und je nach Winkel zwischen Wind und mir, sowie der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Wind und dem Radfahren, kann sich sogar leichter Rückenwind noch wie Gegenwind anfühlen. Wenn es windstill ist, so fühlt es sich immer noch wie Gegenwind an.

Als zweites erfordert Gegenwind viel mehr Kraft und Energie als man bei Rückenwind zurück bekommt. Grund dafür ist das die Widerstandskraft bei Strömungen quadratisch zur (Relativ-) Geschwindigkeit ist. Von hier an betrachte ich nur den Teil des Windes der von vorn kommt.

Unter der Annahme, dass die anderen Reibungskräfte (Roll- und Gleitreibung) bei 12,5 km/h Rückwind genau durch den Wind ausgeglichen werden, ich also weder langsamer noch schneller werde, kann ich diese Kraft als eine Reibungseinheit definieren. (Ich habe es nicht genau gemessen, vielleicht ist es ein paar km/h mehr, vielleicht etwas weniger.) Wenn ich bei Windstille 12,5 km/h radle, dann muss ich also zwei Reibungseinheiten aufbringen. Bei der doppelten Geschwindigkeit von 25 km/h sind es dann schon fünf Reibungseinheiten (2 zum Quadrat plus 1). Bei 12,5 km/h Rückenwind und 25 km/h auf dem Fahrrad sind es wieder nur zwei Reibungseinheiten. Wenn der Wind sogar doppelt so stark weht, und ich deswegen genau so schnell, wie der Wind bin, bleibt eine Reibungseinheit übrig und erst bei 37,5 km/h Wind von hinten brauche ich gar keine Kraft mehr aufbringen, um vorwärts zu kommen. Zwischen 12,5 km/h und 37,5 km/h Rückenwind spare ich also gerade einmal zwei Reibungseinheiten, verglichen zur Windstille zwischen drei (67%) und fünf (100%) Einheiten.

Betrachten wir die Sache bei Gegenwind. Bei einer Radelgeschwindigkeit von 25 km/h ohne Gegenwind muss ich, wie oben gezeigt, fünf Reibungseinheiten aufbringen. Bei 12,5 km/h Gegenwind sind es schon zehn Einheiten (3 zum Quadrat plus 1), also das doppelte, oder 200%. Bei 25 km/h sind es 17 Reibungseinheiten (4 Quadrat plus 1), also mehr als das dreifache, und bei 37,5 km/h Gegenwind sind es 26 Reibungseinheiten (5 Quadrat plus 1). Verglichen mit Windstille, müsste ich also die 5-fache Kraft aufbringen. Verglichen mit der Einsparung in die andere Richtung, ist dieser Kraftaufwand riesig. Und deswegen fühlt sich Gegenwind so viel schlimmer als Rückenwind an. Meinen Arbeitsweg mache ich bei etwa 80% meiner Maximalkraft, denke ich, das heißt bei Gegenwind werde ich ganz schnell langsamer, weil ich einfach nicht die doppelte oder mehr Kraft geben kann.

Nehmen wir mal an, ich würde die Kraft gleich lassen, und meine Geschwindigkeit so an den Wind anpassen, dass ich bei fünf Reibungseinheiten bleibe. Das bedeutet, ich würde eine Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Fahrrad und Wind von 25 km/h beibehalten. Was würde das für die dauer meines Arbeitsweg bedeuteten, wenn ich bei Windstille 30 Minuten benötige. Mein Arbeitsweg also 12.5 km lang ist. Die Tabelle listed die Rückenwind (RW) und Gegenwind (GW) Geschwindigkeiten und Dauern (min, in Minuten).

Windgeschwindigkeit km/hRW km/hRW minGW km/hGW minTotal min
02530253060
530252037,562,5
103521155071
12,537,52012,56080
154019107594
2045175150167
2550150sehrlang
RW: Rückenwind, GW: Gegenwind, km/h: Geschwindigkeit, min: Dauer in Minuten

So lange ich nicht Glück habe, und sich der Wind im Tagesverlauf in die richtige Richtung dreht, bedeutet Wind immer eine insgesammt längere Fahrzeit, bei gerade einmal 15 km/h Wind bereits 50% länger. Wobei die Daten in der Tabelle etwas idealisiert sind, aufgrund von Schlaglöchern und auf der Fahrbahn geparkte Fahrzeuge, sowie natürliche Gründe wie Kreuzungen und Fußgängerüberwege ist eine Durchschnittsgeschwindigkeit von über 30 km/h nicht machbar. Auf der Gegenwindseite hilft, dass der Wind in Bodennähe durch Hecken, Häuser, Bäume, Hügel und nicht geradliniger Straßenführung etwas abgeschwächt wird. Außerdem kann man den eigenen Querschnitt etwas verkleinern, das verringert ebenfalls den Windwiderstand. Ich glaube auch, dass ich mich gegen den Wind etwas mehr anstrenge und deswegen nicht ganz so lang benötige.

Es gibt noch mehr Dinge an dieser idealisierten Form zu beachten, so ist die Roll- und Gleitreibung zum Beispiel pro Strecke, dass heißt bei höherer Geschwindigkeit muss man in der selben Zeit auch gegen mehr Reibung arbeiten.

Mein Tacho sagt, ich verbrauche etwa 35 kcal (Kilokalorien) pro Kilometer. Wenn dabei von Windstille ausgegangen wird, dann verdoppelt sich mein Energieverbrauch bei 12,5 km/h Gegenwind. 35 kcal sind 145 kJ (Kilo-Joule). Die Energie, etwas anzuheben, berechnet sich mit m*g*h (Masse mal Erdbeschleunigung mal Höhe). Um mich mit Fahrrad einen Meter anzuheben, brauche ich etwa 850 Joule oder 0,85 kJ. Anstelle, von einem Kilometer Gegenwind, würde ich lieber 150 Meter bergauf fahren. Danach geht es nämlich wieder bergab!

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